Das monumentale Gitarrenriff von >> A-Punk <<, Mike Ross, der in Suits zum herrlich studierten Songwriting >> Who gives a fuck about an Oxford Comma << durch den pompösen Hochhausdschungel Manhattans in die Großkanzlei radelt und zahllose Musikkritiker, sich beim bloßen Hauch von Referenz an diese Band schon den Boden der Altbauwohnung an nässen. Vampire Weekend sind Kult, ihr Effekt auf das Genre Indie-Rock revolutionär. Und das mit einer Albumtrilogie, die eigentlich eine Ode an das Nerdtum ist.

Eine Gruppe gutbürgerlicher New Yorker Vorstadtjungs machen einen auf Indierockband. Da könnte ja jeder kommen, um das mal im Fachjargon eines Schweriner Streifenpolizisten zu sagen. Tatsächlich ist sie ja so ein Genre, die Indie-Szene, die das >> Tough Guy Image << zum sakralen Akt hochlebt. Wem da nicht der Nasenblutrest vom Kokain in den Gitarrenbauch tropft, der hat sich sowieso jeden Hauch von Glaubwürdigkeit schon im Ansatz zerschellt. >>Whacke Band, ist mir zu sehr Mainstream irgendwie, so Weezer mäßig … <<
Vampire Weekend brachen jedoch seit der Bandgründung 2006 mit diesem Image und bleiben ihm bis dato immer noch klammernd treu. Da wird dann auch schon mal im türkisgestreiften Pullunder der Madison Square Garden abgerissen. Aber nun nochmal Rückblende: 2006, Deutschland hat sein Sommermärchen, Rosenstolz darf wahnwitzigerweise Chartpop machen und der Hype um die Strokes ebbt langsam ab.
Genau zu dieser Zeit entschließen sich vier Jungs im Herzen des Campus der Columbia University, mal Alternative auszuprobieren, weil muss man ja mal gemacht haben und auch für die Girls, ist ja klar. Der erste Gig war dann prompt ein >> Battle of the Bands <<. Dritter von Vier, ein Resultat das eher ans Abschlussrennen des Skikurses für Kleinkinder erinnert als an Weltkarriere. Trotz eines obszön guten SAT-Scores von >> Ich verhau euch am Pausenhof << Couleur wurde wie aus dem Nichts die Musikbloggerszene auf die Band um Songwriter Ezra Koenig aufmerksam, weil man pseudointellektuellen Protestlärm grundsätzlich erst einmal hochfeiern muss. Was darauf folgte, war eine UK Tour als Vorband der Shins und daher auch die vage These, dass vor den Musikkritikern nach der später erscheinenden ersten Platte wohl den Girls am Columbia-Campus der Schlüpfer durch den Studiwohnheimboden gekracht sein muss.
Trilogie die Erste

The Bottleneck is a shit-show
Vampire Weekend – Walcott
Hyannisport is a ghetto
Out of Cape Cod tonight
2008 veröffentlichen Vampire Weekend ihr selbsttituliertes Album >>Vampire Weekend<<. Erstens: Einfallsreich. Zweitens: Genial! Mit einem überraschend erfrischenden Mix aus Rock, Afrikanischer Gitarrenmusik und Klassik reüssiert die Band über die ganz normalen Campusthemen eines Mittzwanzigers. Mit einer etwas snobbigen Ivy League – Attitüde liefert man eine schwungvolle Debütplatte ab, eine, die bleibt. Vierundzwanzigster Platz der besten Debütalben aller Zeiten beim Rolling Stone, das ist verbindliche Bewerbung ans Coachella Festival.
Bring any baggage you want to this record, and it still returns nothing but warm, airy, low-gimmick pop, peppy, clever, and yes, unpretentious (…)
Pitchfork
Trilogie die Zweite

On a night when the moon glows yellow in the riptide
Vampire Weekend – Diplomat’s Son
With the light from the TVs buzzing in the house
Wenn das Selftitled Album die Tür für Vampire Weekend aufgestoßen hat, kulturell bedeutsam zu sein, dann hat das Zweitwerk >>Contra<< die Türe nochmal zugeschlagen, um sie dann völlig ins kleinste Einzelteil zu zertreten. Der komplexe Sound schien dank Producer Roston nun noch minimalistischer, paradox eingentlich. Mit noch mehr Einflüssen um Dance, Synth-Pop und Rap erörtert die Band, nun auch mit dem Mut mal balladigere Matineen zu trällern, das Ende des Unilebens. Die Intensität des Debütknallers schien etwas abgeschwächter, aber ganz wollte man mit den Vorzügen des Studentenlebens noch nicht abschließen, bis …
Trilogie die Dritte

While home in New York
Vampire Weekend – Step
Was champagne and disco
Tapes from L.A. slash San Francisco
>> Modern Vampires Of The City <<, das logische Anschlusskapitel an seine Vorgänger, das sich irgendwie so schön richtig anfühlt. Roston gab dem ganzen noch eine Schippe mehr Textur, Koenigs Songwriting wurde introspektiver, erwachsener, ja fast >>moody<<. Ein dezenter minimalistischer Bruch mit dem bisherigen Schaffen. Ergebnis: Ein Grammy Award für das >>Best Alternative Album<< und der Abschluss einer Trilogie, die selbstbiographischer nicht sein könnte. Das kam, um mit einem Zitat aus dem Song >>Diane Young<< abzuzeichnen: >>Baby baby Baby, right on time!<<
© Patrick Lientschnig